Nicht mal das Glück liegt noch auf der Straße, alles sauber.
Abends geh ich manchmal nach Hause und ich geh über den Kapellplatz und es ist dunkel und er ist komplett leer gefegt und ich frage mich wo das Leben hier ist und ich sehe Kirchen und ich hör die kleinen Steinchen unter meinen Füßen knirschen aber sonst ist niemand da. An der Ecke brennt ein Licht, das ist eine kleine Bar, sie ist ein klein wenig italienisch und manchmal sind dort Leute. Ein paar Leute. Alles andere hat zu außer weiter unten die Pizzeria an der Mühldorfer Straße, die ist noch offen und wenn ich reinschaue sehe ich wohl alle Menschen in Altötting, die noch nicht schlafen, beieinandersitzen.
Am frühen Morgen nehme ich das Fahrrad und ich fahre über den Kapellplatz zur Arbeit und am anderen Ende sehe ich zwei Menschen, einer trägt eine Kutte. Alles ist still. Ein bisschen Nebel hängt noch in den Ecken und ich würde gerne pusten, so dass er weggeht.
Und tags da ist dann doch Leben und es kommen einige Menschen und die meisten gehen zu der kleinen Kapelle auf der Mitte des Platzes denn deshalb sind sie hergekommen in den Gnadenort Altötting, um die Wallfahrtskapelle zu sehen, um Gottesdienste zu besuchen, um zu beten, um um etwas zu bitten, um etwas loszuwerden, um zu danken oder um verzweifelt zu sein. Und oft sieht man es in den Gesichtern. Dann ist Leben in Altötting. Alle Facetten des Lebens und wenn diese Menschen wieder gehen dann ist es meist wieder still. Vor allem unter der Woche. Ich kann nur vom Winter sprechen denn ich kenne nur den Winter hier. Ausnahmen gibt es und die Ausnahmen sind Sonntage und der Weihnachtsmarkt. Während des Weihnachtsmarktes ist der Kapellplatz voll von hübschen Ständen und es gibt Essen und es gibt Wein und es gibt unheimlich viele Menschen und wo die herkommen, das frage ich mich. Und was sie sonst oft machen das frage ich mich. An Sonntagen sitze ich gerne zum Frühstück beim Italiener an der anderen Ecke und ich schaue, was passiert. An einem Tag sind auf einmal hunderte von Motorradfahrern da, es gibt Messe und Gospelchor. An einem anderen Pilger und Chöre und Prozessionen und am Montag wieder eigentlich nichts.
Und am Anfang hat mich das alles fast in den Wahnsinn getrieben. Und dann mit der Zeit füllen sich die Steine doch mit Leben. Ganz langsam. Und ich sehe Menschen. Und ich beginne, einige dieser Menschen zu mögen. Und wenn ich ihnen zuhöre, dann verstehe ich, warum sie hier glücklich sind. Aber doch weiß ich, dass Altötting jetzt, hier, zu dieser Zeit, nicht mein Ort ist. Und deshalb werde ich bald gehen. Aber ich werde einige Dinge mitnehmen. Gedanken über die Zufriedenheit.
Hey Julchen!
Ein toller Beitrag (und schöner Blog), sehr bildlich geschrieben. War sehr gespannt zu lesen ob Altötting bei dir letztendlich doch noch die Kurve gekriegt hat 😉 Aber du hast Recht, klingt nicht nach dem richtigen Ort für dich im Hier und Jetzt!
:* Tine
Danke 🙂 Jaja Altötting…schade dass du es dir nicht mit eigenen Augen anschauen konntest!